Die beiden
Bänke
Nun bin ich 50-mal und mehr im Morgengrauen die gleiche Stecke gelaufen, habe
geschwitzt, unterwegs mit mir gehadert. "Warum machst Du das bloß " ?
Bin jedes Mal wieder zu Haus angekommen und war stolz auf mich. Ein Teil meiner
Laufstrecke führt durch einen Wald. An diesem Weg durch den Wald stehen zwei Bänke.
Wenn ich schlecht drauf war oder zu schnell gelaufen bin, hatte ich immer den Eindruck, dass die
beiden Bänke mich aufgefordert haben anzuhalten und mir zuriefen: "Komm setzt
dich, mach eine Pause !"
|
..nach 5000 m |
|
.. total geschafft |
Diese Aufforderung habe ich jedesmal bewusst ignoriert und mir gesagt, "durchhalten",
du schaffst das. Als symbolische Geste habe ich den Bänken meine Zunge
rausgestreckt und bin weitergehechelt.
Nun ist noch wichtig zu wissen, dass ich früh morgens laufe und noch
keine Medizin eingenommen habe, wenn ich unterwegs bin. Aus diesem Grund kann es
passieren, dass ich, um im Gleichgewicht zu bleiben, immer schneller werde und
mich zwingen muss das Tempo zu drosseln. Ausgerechnet an meinem 50 Geburtstag, ist es dann passiert, ich wurde schneller
und schneller, konnte meine Geschwindigkeit nicht richtig kontrollieren, kam aus
dem Gleichgewicht und bin in Höhe der beiden Bänke gestürzt. Eigentlich nicht
dramatisch, ich habe mich nicht verletzt und konnte sofort aufstehen. Diesmal
habe ich das Angebot der Bänke angenommen und mich hingesetzt. Ich war so außer
Atem, dass ich froh war einen Moment im Morgengrauen zu verweilen.
Ich habe die Ruhe und die Situation genossen und mir wurde bewusst, dass man
nichts erzwingen kann und ich die Hilfe der Bänke jetzt gern angenommen habe.
Sicher, ich werde weiter laufen, solange es geht und so früh es geht. Ein
Tabu ist allerdings gebrochen. Wenn die Bänke mich wieder einladen zu
verweilen, werde ich das Angebot annehmen und mich kurz ausruhen. Sollte ich
jedoch vorbei laufen und nicht ausruhen werde ich zukünftig freundlich grüßen.
Ab jetzt sind die Bänke meine Freunde.